Ein Modell für Prozesse, Enterprise Architecture und IT

Unternehmen nutzen Modelle in verschiedensten Unternehmensbereichen, um möglichst viele Antworten auf geschäftsrelevante Fragen zu erhalten. Was trivial klingt, ist aufgrund komplexer Verbindungen zwischen den Bereichen schwer umsetzbar. Zweck eines integrativen Modells ist es, wertvolle Antworten auch bereichsübergreifend zu erhalten.

Der Mehrwert von integrativen Prozessmodellen

Das Ziel bei der Erstellung von Modellen einer Organisation ist es, eine fundierte Basis für Antworten aufzubauen - zum Beispiel über den Ist-Stand eines Unternehmens, oder um Probleme in einzelnen Arbeitsschritten zu entdecken. Dafür werden sie in verschiedenen Unternehmensbereichen angewandt, insbesondere im klassischen Prozessmanagement (BPM), das mithilfe von Prozessmodellen die Aktivitäten in einem Unternehmen beschreibt. Neben der Prozessmodellierung gibt es in angrenzenden Themenbereichen wie dem Enterprise Architecture Management (EAM) und der fachlich-technischen IT weitere Modellierungsansätze.

Das Vorgehen bei der Beschreibung, sowie auch die genutzten Notationen, unterscheiden sich oftmals zwischen den Abteilungen. Diese Abweichungen rufen Probleme in der Auswertung hervor. Zum Beispiel lassen sich beim Vergleich einer Prozesslandkarte und einer Unternehmensarchitektur

nur schwerlich sinnvolle Erkenntnisse ziehen. Um den Ist-Zustand von Aktivitäten (Ablauf) und Strukturen (Aufbau) in einem Unternehmen akkurat zu beschreiben, muss jedoch bereichsübergreifend analysiert werden.

Das integrative Vorgehen verknüpft die Prozessmodelle aus dem BPM mit dem EAM und der IT. Diese Verbindung verschiedener Domänen der Modellierung hat ein enormes Nutzenpotenzial. Sie macht die vielfältigen Elemente, die im Unternehmen über Interaktionspunkte und Schnittstellen verfügen, gemeinsam betrachtbar, indem sie deren Objekttypen (Prozesse, Rollen, Applikationen etc.) domänenübergreifend zur Verfügung stellt. Gerade aufgrund der Vielzahl möglicher Objekte und Schnittstellen ist ein zielgerichtetes, integratives Modell schwer zu entwerfen. Wie kann die Integration von Prozessmodellen mit EAM und IT gelingen?

Überschneidungen und Differenzen zwischen der BPM-, EAM- und IT-Sicht

Abbildung 1 zeigt die inhaltlichen Gemeinsamkeiten, aber auch die Differenzen zwischen den Notationen auf, die es zu überwinden gilt. Wenn zum Beispiel EAM-Inhalte erfasst werden, dann müssen zwangsläufig auch Elemente der anderen Bereiche mit einbezogen werden. Gleiches gilt für ein einzelnes Prozessmodell oder eine Beschreibung der IT-Architektur. Bei der Prozessmodellierung und insbesondere bei der Umsetzung des integrativen Ansatzes ist es entscheidend, Redundanzen zu vermeiden. Dazu legt der Modellierer schon bei der Erstellung der Struktur genau fest, welche Inhalte welchem Bereich zugehörig sind.

Prozessmodell - integrierte Sicht von Prozessen, IT und Enterprise Architecture

1. Prozessmodellierung

Prozessmodelle fokussieren sich auf den Ablauf und die Tätigkeiten der Wertschöpfung im betrachteten Unternehmen. Die Prozessmodellierung beschreibt, wie die Beteiligten (Rollen) ihre Aktivitäten durchlaufen und welche Ressourcen an den Aktivitäten beteiligt sind. Wichtig ist es, im Prozessmodell ausschließlich fachliche, IT-neutrale Inhalte zu dokumentieren.
Neben der Analyse von Aktivitäten als Prozesse dient die Prozessmodellierung der fachlichen Optimierung, Dokumentation und Kommunikation von Arbeitsabläufen. Aus dem Prozessmodell werden alle Aktivitäten zur effektiven Organisationsgestaltung und -weiterentwicklung, sowie zur Bearbeitung und Messung fachlicher Prozesse abgeleitet.

2. Modellierung der Enterprise Architecture

Im Enterprise-Architecture Ansatz modelliert das Unternehmen eine abstrahierte Version seiner selbst. Eine Überblicksperspektive mit niedrigem Detailgrad stellt die Zusammenhänge und Abhängigkeiten dar. Die detaillierte Darstellung einzelner Inhalte, wie sie bei Prozessmodellen üblich ist, erfolgt im EAM nicht. Es handelt sich ausschließlich um eine abstrakte Sicht auf die Strukturen und Arbeitsweisen.
Das EAM modelliert also eher die übergeordneten Ebenen und vernachlässigt dabei die Betrachtung der Aktivitäten in Prozessmodellen. Mit der Enterprise Architecture versucht eine Organisation zu ermitteln, wie sie auf möglichst effektive Weise ihre aktuellen und zukünftigen Ziele erreicht. Basis eines jeden EA-Modells bilden die folgenden Inhalte:

  • Business-Architektur
  • Daten-Architektur
  • Anwendungs-Architektur
  • Infrastruktur-Architektur

Von hier aus werden die transparente fachliche Beschreibung einer Organisation und deren informationstechnologische Unterstützung abgeleitet.

3. Fachlich-technische IT-Architektur

Die zentrale Aufgabe der Abbildung der fachlich-technischen IT ist es, die Inhalte zu dokumentieren, die eine Organisation zum Entwurf, zur Implementierung und zum Betrieb von IT-Lösungen benötigt. Die Dokumentations- und Beschreibungsanforderungen dieser IT-Lösung (zum Beispiel SAP-Einführung, Robotic Process Automation oder Process Mining) bilden dabei die Grundlage für die Definition des Modells.
Digitalisierung (die digitale Darstellung vormals analog gespeicherter Datensätze) und insbesondere die digitale Transformation (die Ausnutzung digitaler Angebote zur Steigerung des Unternehmenserfolgs und zur Erschließung neuer Potenziale) sind aktuell die Schlagworte für nachhaltiges Management und haben diesem Bereich eine zusätzliche Bedeutung gegeben. Selbst wenn in der Zukunft andere Schlagworte die Diskussion beherrschen, bleibt das Ziel der fachlich-technischen IT-Modellierung weiter bestehen: Software und Hardware problembezogen und erfolgsversprechend einzuführen und zu betreiben.
Gerade deswegen sollten fachlich-technische Inhalte einzelner IT-Verfahren den gleichen Stellenwert einnehmen wie Prozessmodelle und EAM Inhalte. Die Vorteile neuartiger Lösungen wie Process Mining und Robotic Process Automation lassen sich nur erschließen, wenn Kenntnisse über die einzelnen Prozesse und organisationsweiten Zusammenhänge vorliegen. Weitere Beispiele dafür sind solche Themen wie Digitalisierungsstrategie oder IT-Governance.

Fazit

In verschiedenen Formen befassen sich die Prozessmodellierung, Enterprise Architecture und die fachlich-technische IT-Modellierung mit oftmals ähnlichen Informationsinhalten. Beispielsweise benötigt der IT-Analyst als ersten Schritt für die Umsetzung eines IT-Projekts detaillierte Informationen über den fachlichen Zusammenhang, für den er eine passgenaue Lösung entwerfen soll. Er muss diese fachlichen und technischen Informationen ermitteln und beschreiben. In der nächsten Phase bildet dieses Wissen die Grundlage für das Management, um die Bedeutung der neuen Lösung für die gesamte Unternehmensstrategie einzuordnen und zu bewerten.

Eine verständliche Dokumentation und Kommunikation der Informationen in Richtung der Beteiligten im Management sowie den Fach- und IT-Abteilungen ist unumgänglich. Nur wenn die drei Perspektiven BPM, EAM und IT über einen integrativen Modellansatz verknüpft werden, liefert die Modellierung zutreffende Antworten und erschließt die Möglichkeiten zur effizienten Unternehmensplanung.

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